Camino Inglés

Camino Inglés 2018 – Teil 1

Die Etappen und Wegbedingungen, Herbergen und meine persönlichen Erfahrungen

151,8 km zu Fuß durch Nordspanien – 8 Tage. Durch Sonne, Regen und Sturm. Nur in Begleitung von meinem 6,9 kg (ohne Verpflegung) schweren Rucksack – Aubergine – und meinem Outdoor Pilgerführer „Spanien: Camino Inglés“ von Raimund Joos. Ich bin im Oktober 2018 den Camino Inglés gelaufen. Im Anschluss ging es noch weiter von Cee über Finisterre nach Muxía. Es war mein zweiter Jakobsweg und mein erster richtiger Jakobsweg. Ich habe diesmal nicht nur die schönen Seiten des Pilgern erlebt. Ich habe Einsamkeit verspürt. Ich musste mich ausschließlich auf meine Spanischkenntnisse verlassen. Ich war körperlichen Schmerzen ausgesetzt. Ich bin durch Regen und Sturm gelaufen und komplett nass – von oben bis unten (trotz Poncho) – in Santiago angekommen. Aber natürlich waren da auch wieder viele wunderschöne Momente. Die unglaubliche Natur, die mich auf unterschiedlichste Weise fasziniert hat – und übrigens auch im Regen und Nebel. Die tollen Menschen, die ich kennenlernen durfte, die mich als einzige Deutsche in ihre Gruppe aufgenommen haben und denen ich es nun zu verdanken habe, dass ich ein kleines bisschen besser Spanisch spreche. Und der wunderschöne Sonnenuntergang in Muxía, der meine Reise perfekt gemacht hat.

Außerdem gebe ich euch meine subjektive Auskunft zu den Etappen und Strecken und auch zu den Herbergen, in denen ich geschlafen habe. 

1. Tag Anreise: Ich bin mit Lufthansa von Düsseldorf über München nach Santiago de Compostela geflogen. Leider gibt es aus meiner Region keine Direktflüge dorthin. Vom Flughafen in Santiago fährt ein Bus in 20 Minuten und für 3€  zum Busbahnhof. Von dort aus bin ich weiter mit einem Mombus nach Ferrol – zum Startpunkt des Camino Ingles. Für ca. 8€ und in 1 1/2 Stunden. Dort angekommen habe ich erst einmal mit Hilfe von Google Maps meine erste Unterkunft „Hostal ZaHara“ aufgesucht. Das war wirklich sehr einfach und hätte auch ohne das Handy geklappt ; -). Ich habe mein Einzelzimmer mit Privatbad ein paar Tage vorher für 22€ über booking.com gebucht. Das Zimmer war modern eingerichtet und sauber. Hier würde ich wieder herkommen. Dann ging es zum schönen Hafen von Ferrol. Hier befindet sich die Touristeninformation, bei der man den ersten Stempel für die Credencial bekommt und auch noch einige nützliche Informationen zum Weg. Ein paar Meter weiter stößt man dann auf den Stein – den Startpunkt des Jakobsweges. Den Rest des Tages habe ich mit knurrenden Magen und der verzweifelten Suche nach etwas zu Essen verbracht. Die Restaurants öffnen hier erst abends, d. h. ab 19/20 Uhr. Ich habe dann noch im Restaurant unter meinem Hostel eine kalte Tortilla und vertrocknetes Brot bekommen. Danach verabschiedete ich mich in mein Zimmer, wo dann das erste Mal das Gefühl von Einsamkeit und völliger Lustlosigkeit in mir aufkam.

Unterwegs in Ferrol
Unterwegs in Ferrol
Der Ausblick vom "Hostal ZaHara"
Der Ausblick vom „Hostal ZaHara“
Der Hafen von Ferrol, Spanien.
Der Hafen von Ferrol
Der Startpunkt des Camino Inges
Der Startpunkt des Camino Ingés

2. Tag: Ferrol – Pontedeume (18,4 km mit Abkürzung). Am nächsten Morgen bin ich später als geplant gemütlich, aber immer noch etwas unmotiviert gestartet. An der ersten Ecke, an der ich stehen blieb und einen Blick in meine Karte warf, kam sofort ein sehr lieber Einheimischer auf mich zu und erklärte mir den Weg. Ich bin an diesem Tag noch weiteren sehr freundlichen und hilfsbereiten Spaniern begegnet – das war toll. Die erste Etappe war mit Abkürzung gut für mich zu bewältigen. Auch landschaftlich war es sehr schön und abwechslungsreich – bis auf das Stück mit der Abkürzung. In Pontedeume habe ich in der öffentlichen Herberge geschlafen – 5€. Im Wehrturm Torreón de Andrade bekommt man die Schlüssel und kann sich einchecken. Ebenfalls ist hier die Touristeninformation. Allerdings muss man hier die Öffnungszeiten beachten (alle Infos findet ihr im Pilgerführer). Da ich noch Zeit hatte, bin ich noch einmal ein Stück zurückgelaufen und dann zum ca. 1 km langen Sandstrand „Playa da Magdalena“ abgebogen. Hier ist es echt wunderschön. Ich konnte mich super von der ersten Etappe erholen, die mich gar nicht so erschöpft hat, wie ich es vermutet habe. Ich kann diesen Strand sehr empfehlen. Die Herberge ist einfach, aber auch ganz schön. Leider gibt es keine Küche und sehr wenig Steckdosen. Pontedeume ist gemütlich und hübsch, was mit Sicherheit auch die Brücke ausmacht, welche zu der Stadt führt. Es gibt viele Cafés und Restaurants, die sich in schmalen und gemütlichen Gassen befinden. Ich bin in der „Tapasbar Zas“ für 6,60€ – Croquetas, Pimientos, Brot und Wasser – satt geworden. Es war nicht das beste Essen, aber völlig in Ordnung – und es gibt hier eine Menge Steckdosen! ;- ). Leider saß ich alleine am Tisch, umgeben von anderen Pilgern, die sich fröhlich unterhielten und mit denen ich aufgrund der Sprachbarriere nicht einfach mitreden konnte. Das Gefühl der Einsamkeit kam wieder auf und ich stellte mir die Frage: Kann ich alleine sein?

Auf dem Weg nach Pontedeume traf ich auf ein Pony :- )
Auf dem Weg nach Pontedeume traf ich auf ein Pony :- )
Die tolle Landschaft und das gute Wetter haben mir meine Motivation zurückgegeben
Die tolle Landschaft und das gute Wetter haben mir meine Motivation zurückgegeben
Die Brücke von Pontedeume
Die Brücke von Pontedeume
Playa da Magdalena, Pontedeume
Playa da Magdalena

3. Tag: Pontedeume – Betanzos (19,6 km). Nach einer fürchterlichen Nacht mit kaum Schlaf – da der Pilger unter mir so dermaßen laut genau in meine Ohren geschnarcht hat (und ich muss hinzufügen, dass mich normalerweise nichts vom Schlafen abhält) – ging es sofort am Anfang der zweiten Etappe 1,6 km 176 Höhenmeter steil bergauf. Und sei das nicht schon schlimm genug, bin ich auch noch höher gelaufen, als ich hätte gemusst. Dies fiel mir glücklicherweise relativ schnell auf. Belohnt wurde ich für diese Aktion dann doch mit einer wunderschönen Aussicht. Ein Einheimischer verhilf mir dann wieder auf den rechten Weg. Die Etappe war leider sehr straßenlastig und es gab nur wenige Feld- und Waldwege. Außerdem gab es viele Steigungen, sodass es insgesamt deutlich anstrengender als am Tag zuvor war. Unterwegs traf ich den ersten Pilger, der sich mir mit Namen vorstellte. Jedoch war er nach ca. fünf Minuten schon wieder in der Ferne verschwunden. Er ist so schnell gerannt, dass ich kaum mithalten konnte. Dann kam ein Berg und dann war vorbei! Er ist vermutlich am Abend in Santiago angekommen ;- ). In Betanzos habe ich wieder in der öffentlichen Herberge geschlafen – 6€. Sauber und gut ausgestattet. Nach der Dusche konnte ich die Stadt noch bei Sonne erkunden. Auch Betanzos gefällt mir sehr. Es ist ein gemütliches Städtchen mit verwinkelten Gassen und einem großen zentralen Platz um die Plaza de García, welcher sich nicht weit von der Herberge befindet. Am Abend habe ich ein Pilgermenü für ca. 8€ gegessen. Diesmal nicht ganz ohne Gesellschaft. Nach der Bezahlung unterhielt sich ein Kellner, vielleicht war es auch der Besitzer des Restaurants, über Google Maps mit mir. Das war erst ganz nett, wurde schnell aber sehr komisch und unangenehm, sodass ich schließlich die Flucht ergriff und froh war, als ich wieder in der Herberge zwischen den anderen Pilgern saß.

Immer auf der Suche nach den Jakobsmuscheln ..
Immer auf der Suche nach den Jakobsmuscheln 
Mit dieser Aussicht wurde ich für mein Verlaufen belohnt
Mit dieser Aussicht wurde ich für mein Verlaufen belohnt
Ein schöner Waldweg - auf dieser Etappe gab es leider zu wenige davon
Ein schöner Waldweg – auf dieser Etappe gab es leider zu wenige davon
Betanzos, Spanien
Plaza de García, Betanzos

4. Tag: Betanzos – Hospital de Bruma (24,7 km). Ich bin alleine gestartet und habe nach kurzer Zeit drei nette Spanier getroffen, mit denen ich auch am Tag zuvor schon kurz im Gespräch war. Etwas zögerlich habe ich mich ihnen dann angeschlossen. Es war toll wieder in einer Gruppe laufen zu können. Es war aber auch sehr anstrengend die ganze Zeit Spanisch sprechen zu müssen. Die Etappe war anspruchsvoll. Die neuen Weggefährten sehr lieb und hilfsbereit. Genächtigt haben wir in der Pension Mesón Novo (von unterwegs gebucht). Ich hatte ein Einzelzimmer mit prachtvollem Bett und eigenem Bad. Hier habe ich mich sehr wohlgefühlt – mit Frühstück für 33€. Wir wurden von der öffentlichen Herberge mit einem Auto abgeholt und zu der eher abgelegenen Pension gebracht. Um die Pension herum gab es nicht viel Sehenswertes. Jedoch haben wir zusammen noch ein Pilgermenü zu Abend gegessen. Zusammen mit zwei anderen Pilgerinnen, die wir unterwegs schon getroffen hatten. Es war ein wirklich schöner, lustiger und geselliger Abend, auch wenn ich im Schnitt nur wenig von den Tischgesprächen verstanden habe. Wie sehr habe ich so etwas vermisst und wie glücklich war ich, als ich an diesem Abend zu Bett gegangen bin!

5. Tag: Hospital de Bruma – Sigüeiro (24,4 km). Nach einem leckeren Frühstück in der Bar nebenan – tostadas con marmelada – ging es auf zu unserer schönsten Etappe des Camino Inglés. Das erste Mal mit etwas Regen. Die Strecke war sehr gut zu bewältigen und einfach wunderschön. Wir sind überwiegend durch Wälder und über Feldwege gelaufen – kaum Straßen! Auch heute habe ich neue Vokabeln dazu gelernt und ich merkte, wie mein Spanisch besser wird. Die letzten Kilometer waren für mich jedoch eine Qual. Es lag nicht am Weg, irgendwie fühlte ich mich einfach nicht gut. Es wurde erst besser, nachdem ich mich in der Herberge ausruhen konnte und etwas gegessen hatte. Die private Herberge Camiño Real haben wir im Vorfeld gebucht. Ein Einzelbett im sechs – Betten – Schlafsaal für ca. 18€. Frühstück inklusive. Es ist eine sehr schöne Herberge, sehr sauber! Ich kann sie nur empfehlen. Es gibt eine große Küche/Aufenthaltsraum mit einem großen Tisch, auf welchem bunte, leckere Früchte angeboten werden. Es gibt aber auch Brot, Butter und Marmelade. Nur die Lebensmittel aus dem Kühlschrank sind nicht kostenfrei. Abends waren wir wieder gemeinsam essen – in großer Runde. Ein toller Camino – Moment! Von der Stadt habe ich nicht viel gesehen, schien aber auch nicht spektakulär.

Meine lieben spanischen Pilgerfreunde :- )
Meine lieben spanischen Pilgerfreunde :- )
El maiz - neue Vokabel
El maíz – neue Vokabel
Die Natur auf dieser Etappe war traumhaft
Die Natur auf dieser Etappe war traumhaft
Umgeben von Wald - die schönste Etappe des Camino Ingles
Umgeben von Wald – die schönste Etappe des Camino Inglés

6. Tag: Sigüeiro – Santiago de Compostela (15,6 km). Die letzte Etappe war wieder sehr straßenlastig und landschaftlich eher weniger schön. Vielleicht auch aus dem Grund, dass es den ganzen Tag stark geregnet und gestürmt hat. Teilweise war der Wind so heftig, dass ich dachte – trotz Rucksack – jeden Moment wegfliegen zu müssen. Es war mal eine ganz andere Erfahrung und ich empfand es auch als nicht so schlimm bis zu dem Zeitpunkt, als ich von oben bis unten klatschnass war und anfing zu frieren. Das war glücklicherweise erst kurz vor Santiago. Gemeinsam mit den drei Spaniern bin ich dann Arm in Arm am Ziel – dem Kathedralplatz in Santiago de Compostela – angekommen. Es war wirklich ein besonderer Moment. Ein paar Tage zuvor hätte ich niemals damit gerechnet, dass ich zu diesen Menschen eine so positive Verbindung aufbauen könnte, da die Sprachbarriere keine tiefsinnigen Gespräche zugelassen hat. Es sind die schönen, lustigen und anstrengenden Momente, die wir gemeinsam erlebt und durchlebt haben. Gemeinsam verbrachten wir dann noch einen wunderschönen letzten Abend und beim Abschiednehmen war ich den Tränen nahe. In Santiago habe ich – wie auch im Jahr zuvor – in der Albuerge Compostela geschlafen. Diesmal in einem Einzelzimmer für ca. 18€. Das Einzelzimmer ist nicht mehr als ein kleiner Raum mit Bett und einer Schiebetür. Der Geräuschkulisse nach lag ich in einem Bett direkt neben den anderen Leuten. Ich würde hier nicht wieder ein Einzelzimmer buchen. Allgemein ist das Hostel sauber und hat alles, was man braucht. Ich habe für 6€  meine Wäsche gewaschen und getrocknet. Trotzdem fühlte ich mich dieses Mal irgendwie unwohl. Allerdings war ich jetzt auch in einer ganz anderen Situation und anderen wetterlichen Bedingungen ausgesetzt, die sicherlich zu so einem Empfinden beitragen. Auch hat es mich irgendwie gestört, dass auf einmal wieder so viele deutsche Stimme um mich herum waren. An der Rezeption wurde mir freundlich Auskunft zu all meinen Fragen gegeben nur Zeitungspapier – zum Trocknen der Wanderschuhe – hatten sie nicht ;- ).

Noch 6,928 km bis zum Ziel
Noch 6,928 km bis zum Ziel
Regen in guter Gesellschaft ist gar nicht so schlimm
Regen in guter Gesellschaft ist gar nicht so schlimm
Santiago de Compostela, Spanien
Am Ziel: Kathedralplatz in Santiago de Compostela
Der letzte gemeinsame Abend
Der letzte gemeinsame Abend

 

Am späten Abend in meinem hellhörigem Einzelzimmer habe ich mir Gedanken darüber gemacht, wie es am nächsten Tag weiter gehen soll. Der eigentliche Plan: Weitere vier Tage bis nach Finisterre laufen. Jedoch waren meine Wanderschuhe klatschnass, mein rechtes Knie begann zu schmerzen und meine Motivation hielt sich auch irgendwie in Grenzen. Ich sammelte noch bis spät abends nach Alternativen und entschied mich dann dafür, am nächsten Morgen spontan zu schauen, wie es weiter gehen soll. Am nächsten Morgen traf ich die beste Entscheidung, die zu einem perfekten Abschluss meines Jakobsweges geführt hat. Weiterlesen könnt ihr in Teil 2. 

Wart ihr auch schon auf dem Jakobsweg unterwegs? Welche Erfahrungen habt ihr gemacht? 

Liebe Grüße, Ines

 

 

 

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