Die Etappen, Wegbedingungen und Herbergen
Du willst den portugiesischen Jakobsweg laufen? Du hast 1000 Fragen im Kopf und bist dir noch Unsicher? Dann hoffe ich, dir im folgenden Beitrag eine Unterstützung durch meine persönlichen Erfahrungen sein zu können.
Vorab: Ich bin im Sommer 2017 meinen Jakobsweg gelaufen. Alleine. Aber alleine ist man tatsächlich nie. Auch wenn man wie ich, ein eher introvertierter Mensch ist. Ich bin untrainiert – ohne vorher Probe zu laufen und allgemein ohne überhaupt Sport zu machen – gestartet. Und ja, ich habe es geschafft. In 11 Tagen 247,5km. Mit Rückenschmerzen, wahnsinnigen Muskelkater und zwei kleinen Blasen am Fuß. Aber noch viel wichtiger: glücklich und unglaublich stolz!
Für mich war der Caminho Portugues genau richtig. Und wenn Du, wie ich auch, ein Anfänger im Pilgern bist und ein Zeitfenster von ca. 21 Tagen hast, dann kann ich Dir diesen Jakobsweg nur empfehlen. Du teilst Deine Etappen nach Deinen körperlichen und emotionalen Bedingungen selbst ein. Du entscheidest, wo Du schläfst. Mit wem Du Zeit verbringst. Du warst Dir nie näher und hast Dich nie freier gefühlt.
1. Porto, Portugal
Mit Rynair ging es von Köln/Bonn nach Porto. Gleich gefunden: die Station, von der aus die Buslinie 601 und 602 in die Innenstadt fährt. Und dann ging es für mich in die Unterkunft Pensão Franca. Ich hatte für eine Nacht ein Einzelzimmer ohne Frühstück gebucht. 25€ in zentraler Lage, d.h. wenige Meter von dem berühmten Buchladen Lello entfernt. Und was noch wichtiger ist: Auch nicht weit von der Kathedrale von Porto. Dem offiziellen Startpunkt des Caminho Portugues. Wo Du auch deinen ersten Stempel für Deine Credencial bekommen kannst.
Porto ist eine wunderschöne Stadt mit tollen Aussichtspunkten und einigem Sehenswerten. Ich empfehle einen ganzen zusätzlichen Tag für die Stadt einzuplanen, wenn man einen ersten Eindruck von Porto gewinnen möchte.
2. Porto – Lavra (22,4km)
Weg: Bis Lavra ging es immer am Meer entlang, ohne Steigungen über gerade Holzpfade. Ein guter Start in den Jakobsweg. Die heiße Augustsonne machte der starke Wind erträglich. Zu erträglich. An dieser Stelle muss ich sagen: Man darf die Sonne nicht unterschätzen. Wirklich nicht! Kopfbedeckung und viel trinken ist unbedingt notwendig! – Ich hatte am ersten Abend einen leichten Sonnenstich.
Unterkunft: Gemeinsam als kleine Gruppe, die sich schon auf dem ersten Wegstück ergab, nächtigten wir in einem Fünf – Bett – Zelt auf dem Campingplatz von Lavra. 8€ pro Person. Pool Nutzung möglich. Restaurant mit Pilgermenü für 8€ direkt auf dem Camping Platz.
3. Lavra – Vila do Conde – Rates (22,3km)
Weg: Bis Vila do Conde ging es noch am Meer entlang – heute war der Wind noch viel stärker. Unangenehm. Kalt. Später erfuhren wir von einem deutschsprachigen Portugiesen, dass der Wind in den Sommermonaten – Juni,Juli, August – am stärksten sei.
Im Landesinneren begegneten wir dann den ersten leichten Steigungen und auch die Augusthitze machte sich nun bemerkbar.
Unterkunft: Die Nacht in Rates verbrachten wir das erste Mal in einer öffentlichen Herberge auf Spendenbasis. Einfach und alt. Kalte Duschen (eventuell, weil wir erst Spätnachmittag ankamen?!). Und trotzdem war diese Herbergserfahrung im Geringsten nicht so schlimm, wie ich es mir im Vorfeld als bevorzugte Hotelurlauberin vorgestellt habe. Ich würde sogar sagen: es gehört zum Pilgern einfach dazu. Man lernt seine Mitmenschen viel schneller und auch besser kennen und beschränkt sich auf das Wesentliche – ein Bett und eine Dusche. Und trotzdem gewinnt man eine Menge dazu – inspirierende Gespräche und ein gemeinschaftliches, fast schon familiäres Gefühl, zu Menschen, die Dir eigentlich fremd sein müssten.
4. Rates – Bacelinhos/Barcelos – Portela de Tamel (24km)
Weg: Ab Rates sehr gute Wegbeschilderung mit gelben Pfeilen und Muscheln, sodass der Pilgerführer nur noch selten für die Orientierung notwendig wurde.
Landschaftlich schöner Weg. Bacelinhos und Barcelos wird durch den Fluss Cávado getrennt. Barcelos – ein schönes gemütliches Städtchen! Hier lohnt sich ein Aufenthalt. Wir haben hier eine längere Mittagspause eingelegt und konnten einen ersten Eindruck der Stadt gewinnen.
Anschließend 200 Höhenmeter bis Portela de Tamel. Die letzten 2-3km Anstieg waren bei der Mittagshitze eine große Herausforderung.
Unterkunft: Wunderschöne öffentliche Herberge umgeben von Natur, aber sonst fast nichts. Sehr sauber und modern. 5€. Wifi. Abends kommt der Bäcker vorbei, sodass auch für das nächste Frühstück gesorgt ist. Restaurant mit Pilgermenü wenige Meter unterhalb der Herberge. Einkaufsmöglichkeiten ca. 1km entfernt.
5. Portela de Tamel – Ponte de Lima (24,3km)
Weg: Die Etappe ist landschaftlich sehr sehenswert. Viele Maisfelder und Weinberge. Ponte de Lima ist eine schöne größere Stadt – vor allem Abends mit der Beleuchtung! Auch ist es möglich sich im Fluss Lima eine Abkühlung zu gönnen.
Unterkunft: Die öffentliche Herberge öffnet um 16 Uhr – also lass Dir ruhig Zeit und genieße die Natur. 5€. Sauber und gepflegt. Ein Pilgermenü ist beispielsweise im Restaurant Gaio zu genießen.
6. Ponte de Lima – Rubiães (17,6km)
Weg: Landschaftlich wieder eine sehr schöne Strecke. Viele Wälder und teilweise sehr felsig. 300 Höhenmeter. Für mich persönlich war es die anstrengenste Etappe hinsichtlich der Wegbedingungen.
Unterkunft: Ich habe noch ein Bett im behinderten Zimmer der öffentlichen Herberge bekommen (außerdem standen noch Matratzen zur Verfügung, mit denen man auf dem Boden schlafen konnte). 5€. Direkt gegenüber ein Café, wo man auch Lebensmittel einkaufen kann. Sonst ist weit und breit nicht viel mehr als die faszinierende Natur.
7. Rubiães – Valenca – Tui (19km)
Weg: Die Etappe war gut zu bewältigen. Ich habe Valenca durchquert. Eine malerische Stadt mit einer Festungsmauer, von der man eine wunderschöne Aussicht hat. Hier lohnt sich ein Aufenthalt, z.B. eine Mittagspause. Im Anschluss ging es über die internationale Brücke nach Spanien. Ein tolles Gefühl, die Ländergrenzen zu Fuß zu bewältigen.
Unterkunft: In Tui haben wir in der öffentlichen Herberge geschlafen. Von hier aus lässt sich das kleine Städtchen gut erkunden. 6€. In der Hochsaison sollte man nicht allzu spät kommen, da die Herberge nur 36 Betten hat. Ab hier sind weitaus mehr Pilger unterwegs, weil hier die letzten 100km des portugisischen Jakobsweges beginnen und man nur diese gelaufen haben muss, um in Santiago eine Urkunde zu bekommen.
8. Tui – Redondela (32,7km)
Weg: 32,7km bis Redondela. Und weitere 7km mit dem Zug bis Arcade, weil in der öffentlichen Herberge und auch in der Umgebung keine Betten mehr für unsere Gruppe von 9 Personen zur Verfügung standen.
Unterkunft: Albergue Lameiriñas. Rezeption im Hotel nebenan. Sauber und gepflegt. Gemeinsames Abendessen in der Herberge (in allen Herbergen war eine Küche mit manchmal mehr, manchmal weniger Ausstattung vorhanden). Wundervolle Atmosphäre mit lieben Menschen.
9. Arcade – Pontevedra (10,8km)
Weg: Die Strecke war gut zu laufen. Kein Vergleich zum Vortag.
Unterkunft: Wir haben in der öffentlichen Herberge noch einen Schlafplatz bekommen. 6€. (Allgemein ist Spanien teurer als Portugal. Die Herbergen kosten durchschnittlich 1€ mehr. Auch im Supermarkt bezahlst Du für die gleichen Produkte etwas mehr. In Restaurants und Cafés wird der Unterschied am deutlichsten. Auch ein Pilgermenü kann mal 12, statt 8€ kosten. Grundsätzlich habe ich mit 20 – 25€ am Tag gerechnet.) Pontevedra ist eine größere Stadt. Zur Altstadt sind es nur wenige Gehminuten von der Herberge.
10. Pontevedra – Portela – Bariallos – Tivo – Caldas de Reis (22,4km)
Weg: Auf dieser Etappe hat sich unsere Gruppe aufgelöst bzw. geteilt, da einige den Espiritual weiter gelaufen sind. Dieser Weg soll übrigens märchenhaft schön, aber auch sehr anstrengend mit vielen Höhenmetern, sein.
Die Strecke bis Caldas de Reis war relativ entspannt. Zwischendurch leichte Steigungen.
Caldas de Reis ist für seine Thermalquellen bekannt. Hier kann man unter freiem Himmel im heißen Wasser entspannen.
Unterkunft: Wir haben in einer privaten Herberge der Bar Timonel geschlafen (am Vortag telefonisch gebucht). Sehr gepflegt. 8€. Wir haben uns hier Waschmaschine und Trockner gegönnt (In vielen Herbergen wird einem zumindest eine Waschmaschine für kleines Geld geboten – tue Dich am besten mit anderen Pilgern zusammen. Immer vorhanden sind Waschstellen, wo Du mit Hand Deine Wäsche säubern kannst. Außerdem war in jeder Herberge ein Garten bzw. ein kleiner Außenbereich mit Wäscheleine vorhanden.)
11. Caldas de Reis – O Pino (Valga) – Pontecesures – Padrón (18,4km)
Weg: Die Etappe war für mich gut zu meistern. Gedanklich war ich etwas im Stress wegen den Mengen an Pilgern und der daraus resultierende Angst, kein Bett mehr zu bekommen.
Unterkunft: Ich habe es aber noch in die öffentliche Herberge geschafft. 6€. Eher älter und ungepflegt – das erste Mal auf dieser Reise, dass ich mich in einer Dusche echt unwohl gefühlt habe. Padrón ist ein schönes, gemütliches Städtchen, durch welches die bildschöne Sar verläuft.
12. Padrón – Teo – Santiago de Compostela (23,6km)
Weg: Wenn Du nun alle Etappen erfolgreich hinter Dich gebracht hast, wirst Du auch die letzte schaffen und vermutlich sehr glücklich und stolz auf Dich in Santiago ankommen – so war es auf jeden Fall bei mir.
Unterkunft: Während meinem Aufenthalt in Santiago habe ich in zwei verschiedenen Alberguen geschlafen. Buche es am besten ein paar Tage zuvor über das Internet. Nach einigen Tagen kannst Du sehr gut einschätzen, wie viele Kilometer Du am Tag schaffst und somit auch, wann du in Santiago ankommen wirst.
Albergue Roots and Boots. Sehr zentral. Einfach gehalten und mit Garten.
Albergue Compostela. Direkt an der Einkaufsstraße von Santiago. Sauber und gepflegt. Sehr enge Toileetten. Beide Alberguen lagen preislich zwischen 20 und 25€/Tag in der Hochsaison.
Santiago de Compostela ist eine schöne, gemütliche Stadt. Die zauberhafte Altstadt mit Cafés, Restaurants und kleinen Geschäften lädt zum Verweilen ein. Hier fühlt man sich Angekommen. Der Kathedralsplatz ist mein persönlicher Lieblingsort der Stadt geworden. Hier begegnet man hunderten glücklichen Menschen, die all ihren persönlichen Weg gegangen und am selben Ziel angekommen sind. Lange saß ich hier, um einfach zu genießen, was in diesen Momenten passierte. Auch der Besuch der Messe in der Kathedrale lohnt sich. Es war ein sehr magischer Moment für mich – auch wenn ich auf Grund der Sprachbarriere nicht viel verstand.
So, nun hoffe ich, dass Du um einige gute Informationen über die Etappen, Wegbedingungen und Herbergen reicher geworden bist. Und vielleicht fällt Dir Deine Entscheidung jetzt auch ein Stück leichter. Hier noch ein Tipp: Weniger denken, einfach machen – du wirst es nicht bereuen!
Liebe Grüße, Ines